Das polnische Justizministerium hat eine Novellierung des Verbandssanktionengesetzes angekündigt. Die vorgesehenen Änderungen werden zum Zweck eingeführt, juristische Personen für zu ihren Gunsten begangene Straftaten effektiver zur Verantwortung zu ziehen.
Aktuelle Rechtslage
Das aktuell geltende Verbandssanktionengesetz (ustawa o odpowiedzialności podmiotów zbiorowych) vom 2002 wurde als eine abschreckende Maßnahme gegen wirtschaftliche Kriminalität eingeführt. Grundsätzlich liegt der Schwerpunkt dieses Gesetzes bei der Haftung einer juristischen Person, wie etwa einer poln. GmbH (sp z o.o.) bzw. einer anderen Handelsgesellschaft für die durch eine in ihrem Namen oder zu ihren Gunsten handelnden natürliche Person begangene Straftat, aus der diese Gesellschaft profitierte oder profitieren konnte.
Bisher ist das Haftungsmechanismus so gestaltet, dass das Unternehmen grds. erst bei Verurteilung einer natürlichen Person zur Verantwortung gezogen werden kann. In der Praxis hat sich erwiesen, dass es wegen langjähriger Verfahren gegen natürliche Personen keine Möglichkeit gibt, juristische Personen in schnell und effektiv durchgeführten Verfahren in Verantwortung zu ziehen.
Neue Vorgaben
Die strafrechtliche Sanktionierung von Unternehmen wird laut Ankündigung des Justizministeriums aus praxisrelevanten Gründen modifiziert[1]:
- die Voraussetzung der vorherigen Verurteilung einer natürlichen Person wird aufgehoben; diese Voraussetzung wird durch die Ermittlung im Rahmen des Verfahrens gegen das Unternehmen ersetzt, ob eine natürliche Person in einer bestimmten Funktion im Unternehmen eine Straftat begangen hatte, die dem Unternehmen einen Vorteil verschaffte oder verschaffen konnte. Diese Frage wird unabhängig von der Verurteilung einer natürlichen Person im Verfahren gegen das Unternehmen ermittelt. Mit dieser Änderung wird ermöglicht, dass ein Ermittlungsverfahren gegen das Unternehmen und gleichzeitig ein Verfahren gegen eine natürliche Person geführt werden können.
- maximale Höhe von Geldstrafen, die den Unternehmen auferlegt werden können, wird auf 30 Mio. PLN erhöht;
- neben der Geldstrafen können den Unternehmen folgende Strafen auferlegt werden: Verbot der Teilnahme an Vergabeverfahren, Ausschluss von der Finanzierung aus öffentlichen Mitteln, Verbot der Werbemaßnahmen. In der neuen Rechtslage wird der Strafenkatalog um eine vorläufige oder endgültige Schließung einer Niederlassung und die Schadenersatzpflicht ergänzt.;
- die Geldstrafe wird nicht mehr an die Einnahmen der Gesellschaft gebunden; dadurch wird ermöglicht, die Geldstrafen auf Unternehmen zu verhängen, das zwar keine Einnahmen ausweisen, jedoch über Vermögenswerte verfügen.
Präventive Maßnahmen am wichtigsten
Das Justizministerium hat die grundlegende Bedeutung von Prävention betont, insbesondere im Hinblick auf Maßnahmen, die das Risiko der Haftung einer juristischen Person auf Grundlage des Gesetztes in der neuen Fassung minimalisieren.
Zu den wichtigsten Präventivmaßnahmen gehören die Einführung eines Compliance-Systems, Risikomanagement, interne Wirtschaftsprüfung usw. Laut Ankündigung des Justizministeriums sollte eine juristische Person keiner Haftung unterliegen, soweit alle Organe die erforderliche Sorgfalt in Ausübung ihrer Pflichten (Kontrolle, Überwachung) eingehalten haben. Die Regelungen des novellierten Gesetzes werden den Unternehmen die Möglichkeit geben, durch die Dokumentation entsprechender Verfahren nachzuweisen, dass keine Pflichtvernachlässigung in der Gesellschaft vorliegt.
Im Hinblick auf die geplante Änderung der Konsequenzen der Verstöße gegen das Gesetz und Erleichterungen im Verfahren gegen juristische Personen sollen die Gesellschaften schon jetzt notwendige Compliance-Maßnahmen treffen und sich rechtzeitig auf die Neugestaltung des Unternehmensstrafrechts vorbereiten. Diese Maßnahmen sind unter Berücksichtigung von anderen Gesetzesentwürfen, die neue Compliance-Pflichten einführen (mehr lesen Sie hier), vorzunehmen.
[1] https://bip.kprm.gov.pl/kpr/form/r2359,Projekt-ustawy-o-zmianie-ustawy-o-odpowiedzialnosci-podmiotow-zbiorowych-za-czyn.html, letzter Zugang: 14.03.2018.