Die Novellierung der Vorschriften über den unlauteren Wettbewerb führt u.a. einen erweiterten Katalog von unlauteren Wettbewerbshandlungen sowie neue Möglichkeiten der Meldung von Missständen durch Whistleblower ein.
Umsetzung der EU-Richtlinie
Eine wesentliche Änderung für in Polen tätige Unternehmer stellt die Umsetzung der EU-Richtlinie vom 8. Juni 2016 über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung[1] in die polnische Rechtsordnung dar. Das Ziel des EU-Gesetzgebers ist die Vereinheitlichung der Vorschriften über den Schutz von vertraulichen Informationen im Binnenmarkt und dementsprechend die Gewährleistung des gleichen Rechtsschutzes durch Einführung einer einheitlichen Definition des Geschäftsgeheimnisses.
Novellierung des polnischen Gesetzes
Der polnische Gesetzgeber hat in der Novelle des Gesetzes über die Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs[2] eine neue Definition des Geschäftsgeheimnisses eingeführt. Laut dem Gesetzesentwurf gelten als Geschäftsgeheimnisse:
– nicht öffentlich bekannt gegebene technische und technologische Informationen sowie Organisationsinformationen eines Unternehmens oder andere Informationen, die einen wirtschaftlichen Wert haben,
– und weder in ihrer Gesamtheit noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne Weiteres zugänglich sind;
– sofern ein Unternehmer, der zur Verfügung und Kontrolle über diese Informationen befugt ist, unter den gegebenen Umständen angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen getroffen hat.
Verletzung des Geschäftsgeheimnisses und Ausnahmen
Der Gesetzesentwurf führt einen erweiterten Katalog von unlauteren Wettbewerbshandlungen ein. Insbesondere ist zu beachten, dass eine Verletzung des Geschäftsgeheimnisses jeder Erwerb von Informationen darstellt, der ohne Zustimmung des Unternehmers durch unbefugten Zugang, unbefugte Aneignung oder unbefugtes Kopieren von Dokumenten, Gegenständen, Materialien, Stoffen oder elektronischen Dateien erfolgt, die das Geschäftsgeheimnis enthalten oder aus denen sich das Geschäftsgeheimnis ableiten lässt.
Ferner ist die Nutzung des Geschäftsgeheimnisses untersagt, d.h. das Herstellen, Anbieten oder Inverkehrbringen von rechtsverletzenden Produkten oder die Einfuhr, Ausfuhr oder Lagerung von rechtsverletzenden Produkten auf Grundlage des rechtswidrigen Erwerbs eines fremden Geschäftsgeheimnisses, bspw. infolge der Einstellung eines neuen Mitarbeiters.
Es wird jedoch geregelt, dass der Erwerb, die Offenlegung oder Nutzung eines Geschäftsgeheimnisses keine unlautere Wettbewerbshandlung darstellt, wenn sie zur Aufdeckung eines Fehlverhaltens oder einer illegalen Tätigkeit erfolgt ist, sofern die Person, die diese Informationen offenlegt (sog. Whistleblower), in der Absicht gehandelt hat, das allgemeine öffentliche Interesse zu schützen (externes Whistleblowing). Überdies ist eine solche Handlung nicht rechtswidrig, wenn eine das Geschäftsgeheimnis enthaltende Information den Vertretern der Arbeitnehmer im Rahmen der rechtmäßigen Erfüllung ihrer Aufgaben übermittelt wird, sofern die Offenlegung zur Erfüllung dieser Aufgaben erforderlich war (Offenlegung gegenüber Gewerkschaften).
Compliance-Maßnahmen
Die Neudefinierung des Geschäftsgeheimnisses erfordert eine Anpassung der Inhalte der durch einen Unternehmer abgeschlossenen bzw. abzuschließenden Verträge wie: NDA, Geheimhaltungsklausel, Betriebsordnungen, Managerverträge etc. zur Gewährleistung des effektiven Schutzes vertraulicher Informationen.
Zur Vermeidung von Meldungen nach außen sollen interne Meldesysteme entwickelt und eingeführt werden. Den Mitarbeitern sollte die Möglichkeit gewährleistet werden, Missstände in erster Linie intern zu klären. Dadurch wird das Risiko verringert, dass sie die Aufdeckung eines Fehlverhaltens nach außen im öffentlichen Interesse melden, was zugleich die Offenlegung eines Geschäftsgeheimnisses mit sich bringen kann. Es ist zu beachten, dass auch andere Gesetze, die 2018 in Kraft treten, die Pflicht zur Einführung interner Verfahren für den Umgang mit gemeldeten Missständen vorsehen (wir berichten darüber hier und hier).
Es kann zudem ein neues Konzept und die Entwicklung neuer Strategien für den Schutz von Know-how und Geschäftsgeheimnissen auf Grundlage neuer Vorschriften erforderlich sein. Insbesondere soll überprüft werden, welche Informationen im Unternehmen als Geschäftsgeheimnisse gelten und welche Befugnisse und Zugriffe auf diese Informationen die Mitarbeiter haben. Es soll dabei darauf hingewiesen werden, dass die Beweislast für die Vornahme angemessener Geheimhaltungsmaßnahmen der Unternehmer trägt.
Der Gesetzesentwurf befindet sich noch im Gesetzgebungsverfahren. Die Frist zur Umsetzung der Richtlinie läuft am 9. Juni 2018 ab. Bis dahin soll das Gesetz in Kraft treten.
[1] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32016L0943&from=DE, letzter Zugang: 11.04.2018.
[2] http://legislacja.rcl.gov.pl/docs//2/12306806/12482412/12482413/dokument324092.pdf, letzter Zugang: 11.04.2018.